Vortrag in Innsbruck, Juni 2012

»Desperately Looking for the Migrant Subject. Südslaven in Wien, 1900 / 1970« Polyphone Geschichte(n): Schreiben – Einschreiben – Teilhaben. Migration und Geschichte / Literatur / Medien & Politik. Workshop/Konferenz, Innsbruck, 20./21. Juni 2012.

Beschreibung der Tagung:

Universität Innsbruck, Forschungsplattform CEnT – Cultural Encounters and Transfers

Elisabeth Gensluckner (Initiative Minderheiten Tirol, Innsbruck) Birgit Mertz-Baumgartner (Institut für Romanistik, Universität Innsbruck) Dirk Rupnow (Institut für Zeitgeschichte, Universität Innsbruck)

Migration ist gegenwärtig eines der gesellschaftlich prägendsten und politisch meistdiskutierten Phä-nomene. Im laufenden Jahr gilt es zudem, dem Beginn der strukturierten Arbeitsmigration nach Öster-reich vor 50 Jahren zu gedenken, während das offizielle Österreich immer noch zögert, sich zu einer Geschichte und Gegenwart als Migrationsgesellschaft zu bekennen. Auch in den verschiedenen geis-tes-, sozial- und kulturwissenschaftlichen Disziplinen ist das Thema sehr unterschiedlich angekommen und verankert. Vor allem die Geistes- und Kulturwissenschaften haben einen enormen Nachholbedarf gegenüber Sozialwissenschaften wie Politologie, Geographie, Demographie und Soziologie. Die Veranstaltung ist ein Kooperationsprojekt des Instituts für Zeitgeschichte, des Instituts für Roma-nistik der Universität Innsbruck und der Initiative Minderheiten Tirol im Rahmen der universitären For-schungsplattform „CEnT – Cultural Encounters and Transfers“. Sie möchte die lokale und in-ter/nationale Vernetzung einschlägig arbeitender WissenschaftlerInnen fördern und vor allem auch den lokalen Debatten zum Thema neue Impulse geben. Gewonnen werden konnte dafür eine Reihe angesehener nationaler und internationaler ExpertInnen. Nach einem Eröffnungsabend mit einem Vortrag des US-amerikanischen Literaturwissenschaftlers Michael Rothberg („Multidirectional Memory“), der die Frage nach dem historischen Gedächtnis in der Migrationsgesellschaft aufwirft, werden mit Geschichte, Literatur und Medien & Politik drei unter-schiedliche Felder und Formen von Repräsentation in ihrer Beziehung zu Migration diskutiert. Reprä-sentationen spielen eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit Migration in unserer Gesellschaft: symbolisch wie realpolitisch, als Mittel der Anerkennung wie der Ausgrenzung. - Geschichte Die Geschichte der Arbeitsmigration der vergangenen 50 Jahre muss wohl als Blindstelle in der Erfor-schung der österreichischen Zeitgeschichte bezeichnet werden. Das Thema wurde weitgehend den GeographInnen, DemographInnen, PolitologInnen und SoziologInnen überlassen. Genuin historische Zugänge fehlen. Das Panel fragt nach möglichen Quellen für eine Geschichte der Arbeitsmigration ebenso wie nach den Vergleichsmöglichkeiten mit der – besser erforschten – Arbeitsmigration im spä-ten Habsburgerreich. Zu diskutieren sind allgemein die spezifischen Herausforderungen, die sich aus dem Versuch, Migration als transnationales Phänomen und die Geschichte von MigrantInnen mit ihren transnationalen Erfahrungen und uneindeutigen Zugehörigkeiten in eine Nationalgeschichte einzu-schreiben, ergeben. - Literatur Die interkulturelle Germanistik beschäftigt sich spätestens seit den 1980er Jahren mit Texten von AutorInnen, die nicht in Deutschland geboren wurden, jedoch dort leben und schreiben. Verwendete man zunächst den Terminus der „Ausländerliteratur“, um diese AutorInnengruppe zu fassen, setzten sich in der Folge Bezeichnungen wie „interkulturelle“ oder „transnationale Literatur“ beziehungsweise „Migrationsliteratur“ durch. Neben inhaltlichen Fragen (nach hybriden Identitäten, neuen Formen von Zugehörigkeit, gedoppelten Erinnerungen etc.) stehen zunehmend auch Überlegungen zu einer Poetik der Migration im Zentrum (z.B. Darstellung von Raum, polyphone Erzählstrukturen, Mehrsprachig-keit). Diesen Fragen nach einer Poetik der Migration spüren die beiden Vortragenden am Beispiel italienisch- bzw. türkischstämmiger AutorInnen in Deutschland nach. - Medien & Politik Migration und Flucht werden von Politik und Medien oft in emotionalisierter Weise instrumentalisiert, wohingegen Stimmen von MigrantInnen immer noch kaum hörbar sind. Hinzu kommt eine lange Tradi-tion politisch-rechtlicher